Grundsätze der Volkswirtschaftslehre (1923)

De Carl Menger
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Geleitwort

Einleitung der Herausgebers

Vorrede zu ersten Auflage

I. Die Lehre von den Bedürfnissen

II. Die Wirtschaft und die wirtschaftlichen Güter

III. Über das Maß der menschlichen Bedürfnisse und der Güter

IV. Die Lehre von der Wirtschaft und die wirtschaftlichen Gütern

§1. Über das Wesen der Wirtschaft

§2. Wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Güter

§3. Die zwei elementaren Richtungen der menschlichen Wirtschaft

a) Die technisch-ökonomische Disposition

Wenn die zur Befriedigung unserer endlichen Bedürfnisse unmittelbar tauglichen (die genußreifen) Güter uns, sobald die betreffenden [73] Bedürfnisse geltend machen, nach Art und Maß, ferner nach Zeit und Ort der Disponibilität durchaus in entsprechender Weise verfügbar wären - etwa in paradiesischen Zuständen -, würde die Notwendigkeit jeder Wirtschaft entfallen. In einer nicht geringen Anzahl von Fällen erfolgt die Sicherstellung der Befriedigung unserer Bedürfnisse auch unter den tatsächlichen Verhältnissen wesentlich ohne unser Zutun durch die natürliche Sachlage, in die wir uns gestellt finden. In quellen- und waldreichen Gegenden pflegen unter Umständen (zumal bei dünner Bevölkerung und geringer Entwicklung der Eigentumsordnung) für die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse so wichtige Güter wie Trinkwasser, Brennholz usf. in reichlicher Menge, und zwar dauernd und in genußreichem Zustande der Bevölkerung schon durch die Natur geboten zu werden. Sind die Verhältnisse derartige, daß die zur Besitzergreifung und Herbeischaffung dieser Güter nötigen Arbeitsleistungen praktisch nicht oder doch nur in geringem Maße in Betracht kommen, so gelangt rücksichtlich derselben, solange die Fortdauer der obigen Verhältnisse gesichert ist, keine Wirtschaft zur Erscheinung.

Indes nur ein geringer Teil der zur Sicherstellung der Befriedigung unserer Bedürfnisse in kommenden Zeiträumen erforderlichen genußreifen Güter wird uns von der Natur in quantitativ und qualitativ entsprechender Weise dargeboten. Rücksichtlich des weitaus größeren Teiles derselben sind wir zumal bei fortgeschrittener Kultur zunächst auf die uns in Rücksicht auf diese Zeiträumen verfügbaren Produktionselemente angewiesen. Die uns in kommenden Zeiträumen verfügbaren Genußgüter sind zum nicht geringen Teile das voraussichtliche Ergebnis der Güterproduktion, der Verbindung von unmittelbar verfügbaren Produktionsmitteln zu Genußgütern, eine Verbindung, die bei zahlreichen Gütern in mannigfachen Stufen von den Produktionselementen zu den genußreifen Gütern erfolgt.

Dieser Umstand ist die letzte Veranlassung einer besonderen Richtung der menschlichen Wirtschaft. Werden uns nämlich rücksichtlich der Zeiträume, auf die sich unsere Vorsorge erstreckt, durch die jeweilige und voraussichtliche Sachlage, in die wir uns gestellt finden, nicht die zur Deckung unseres unmittelbaren Güterbedarfes erforderlichen, die genußreifen Güter, sondern zum Teile lediglich die entsprechenden Produkstionsmittel dargeboten, so stellt sich für uns die Notwendigkeit einer dispositiven Tätigkeit heraus, welche den Produkstionsmitteln Ziel und Richtung auf die Deckung unseres endlichen Güterbedarfes gibt. Diese Richtung der menschlichen Bestrebungen (die Betreffende dispositive Tätigkeit sowohl als die durch sie bedingte Erkenntnistätigkeit) werde ich in Hinkunft als die technisch-ökonomisch bezeichnen)[1]

[74] Sie umfaßt:

  1. die Erkenntnis unserer voraussichtlichen Bedürfnisse an Genußgütern, der Art lind des Maßes dieser Bedürfnisse und ihres örtlichen und zeitlichen Auftretens; '
  2. die Erkenntnis der zur Sicherstellung der Befriedigung dieser Bedürfnisse uns unmittelbar verfügbaren Genußgüter, der Art und des Maßes der letzteren, ferner des Ortes und der Zeit, innerhalb deren sie in Rücksicht auf den obigen Zweck uns verfügbar sind;
  3. die Erkenntnis unseres durch die uns unmittelbar verfügbaren Genußgüter nicht gedeckten (offenen) Bedarfes an den letzteren und der zur Hervorbringung derselben tauglichen Produktionsmittel (des technischen Zusammenhanges der Produktionsmittel und der betreffenden Genußgüter);
  4. die dispositiven Akte, durch welche den uns verfügbaren Produktionsmitteln (einschließlich der uns verfügbaren technischen Arbeitsleistungen!) Ziel und Richtung auf die örtlich, zeitlich, ferner quantitativ und qualitativ entsprechende Deckung unseres endlichen Güterbedarfes gegeben wird.

b) Die aus der Unzulänglichkeit der uns verfügbaren Güter sich ergebende (die sparende) Richtung der menschlichen Wirtschaft

Selbst wenn alle Produktionsmittel einschließlich der technischen Arbeit uns in hinreichender Menge und Beschaffenheit verfügbar wären (was insbesondere auch zur Voraussetzung hätte, daß die technische Arbeit für die wirtschaftenden Subjekte kein Opfer an Wohlfahrt be¬deuten würde), so würde die technische Richtung der menschlichen Wirtschaft doch zutage treten. Auch in diesem Falle würden wir zum Zwecke der Deckung unseres endlichen Güterbedarfes genötigt sein, uns in Rücksicht auf kommende Zeiträume über unseren Bedarf an Genu߬gütern, sein örtliches und zeitliches Auftreten (insbesondere aber auch über seinen Wechsel nach Art und Maß), ferner über die Natur der uns jeweilig unmittelbar verfügbaren Produktionsmittel und ihren technischen Zusammenhang mit den Produkten ein Urteil zu bilden und auf Grund dieser Erkenntnisse eine auf die Deckung unseres Bedarfes an Genußgütern hinzielende dispositive Tätigkeit über die Produktionsmittel zu entwickeln. Schon die bloße Tatsache, daß wir unseren Bedarf an zahlreichen Genußgütern nur auf dem Wege der technischen Produktion zu decken vermögen, nötigt uns zu einer dispositiven Betätigung und einer hiedurch bedingten Erkenntnistätigkeit, welche den uns jeweilig unmittelbar verfügbaren Produktionsmitteln Ziel und Richtung auf die Sicherstellung unseres endlichen Güterbedarfes gibt.

Hiezu tritt ein für die menschliche Wirtschaft höchst bedeutsamer Umstand, welcher einer zweiten Richtung der wirtschaftlichen Tätigkeit [75] den Ursprung gibt, daß nämlich nicht nur der größte Teil der Genußmittel, sondern auch die weitaus größere Mehrzahl der zur Hervorbringung derselben erforderlichen Produktionsmittel uns in Rücksicht auf jene Zeiträume, auf die sich unsere Vorsorge erstreckt, nur in unzulänglicher Weise verfügbar sind, eine Tatsache, deren Erkenntnis uns durch eine unablässig und allerorten sich wiederholende Erfahrung aufgedrängt wird und schon aus dem Umstande hervorgeht, daß nicht nur die infolge ungleicher Güterverteilung minder günstig gestellten, sondern selbst die in der eben erwähnten Rücksicht begünstigtesten Gesellschaftsmitglieder erfahrungsgemäß genötigt sind, auf manchen Genuß zu verzichten, sich infolge der Unzulänglichkeit der ihnen verfügbaren Mittel die Erfüllung manchen Wunsches zu versagen. Wie gering ist nun gar der Teil der Bedürfnisse, welche die Mehrzahl der Menschen mangels der hiefür nötigen Mittel tatsächlich zu befriedigen in der Lage ist? Wird von den Gütern abgesehen, die nach Maßgabe örtlicher und zeitlicher Verhältnisse uns tatsächlich in einer unseren Bedarf übersteigenden Menge zu Gebote stehen, so verfügen wir weder unmittelbar noch auch mittelbar (durch die betreffenden Produktionsmittel) über eine zur voll ständigen Deckung unseres Bedarfes an sämtlichen Genußgütern ausreichenden Menge; die weitaus größere Mehrzahl der Individuen verfügt sogar nur über ein (im Gegenhalte zu ihrem vollen Bedarf) sehr bescheidenes Maß dieser Güter.

Die ungleiche Verteilung der Güter unter die einzelnen Gesellschafts¬glieder trägt sehr zur Verschärfung der aus dieser Unzulänglichkeit der weitaus größeren Mehrzahl der Güter sich ergebenden Übelstände bei. Hier soll nur der Umstand konstatiert werden, daß die Unzulänglichkeit der den einzelnen Gesellschaftsgliedern zur Deckung der Gesamtheit ihrer Bedürfnisse verfügbaren Güter nicht etwa lediglich eine Folge der ungleichen Güterverteilung und gesellschaftlicher Einrichtungen, vielmehr in gewissem Maße schon die Folge einer elementaren Tatsache ist: der von unserem Willen und von menschlichen Einrichtungen unabhängigen objektiven Sachlage, in die wir Menschen uns gestellt finden, des unzulänglichen objektiven Ausgangspunktes der menschlichen Wirtschaft.[2]) Was ich hier hervorhebe, ist der Umstand, daß wir Menschen [76]

A) Das Kapital. (Analytische Demonstration des Kapitalbegriffes)
B) Der Verbrauchsvorrat

c) Über das Verhältnis der beiden elementaren Richtungen der menschlichen Wirtschaft zueinander

d) Die aus der Verbindung der technischen und der sparenden Erscheinungen derselben

§4. Besitz und Eigentum

§5. Das Vermögen

a) Über das Wesen des Vermögens

b) Über die Teile des Vermögens

c) Über die rohen und die reinen Kapitalnutzungen

§6. Der Wirtschaftliche Fortschritt

a)

b)

V. Die Lehre vom Werte

VI. Die Lehre vom Tausche

VII. Die Lehre vom Preise

VIII. Die Lehre von der Ware

IX. Die Lehre vom Gelde

§. 1. Über das Wesen und den Ursprung des Geldes

  1. Daß die technische Produktion als solche mit der Wirtschaft und somit auch die bloße technische Disposition über die Produktionselemente (deren Ziel die Erzeugung bestimmter Güter ist) mit der technisch-ökonomischen Disposition (deren Ziel die Deckung unseres Güterbedarfes ist) nicht verwechselt werden darf, habe ich bereits oben (S. 63) hervorgehoben. Ebenso sind die betreffenden Erkenntnisakte nur insoferne Akte der subjektiven Wirtschaft, als sie durch den Endzweck der Wirtschaft (die Deckung unseres endlichen Güterbedarfes) hervorgerufen werden.
  2. Diese Unzulänglichkeit der uns zur vollständigen Deckung unseres unmittelbaren Güterbedarfes erforderlichen Güter ist, wie hinzugefügt werden muß, auch nicht etwa eine Folge der Mangelhaftigkeit unserer Wirtschaft oder einer mangelhaften Energie der technischen Arbeiter. Allerdings ist auch von der mehr oder minder zweckmäßigen Disposition über die uns verfügbaren Produktionsmittel die größere oder geringere Menge der uns durch diese (in mittelbarer Weise) verfügbaren Genußgüter abhängig. Ebenso wird dieser Erfolg unzweifelhaft von der größeren oder geringeren (wenn auch stets begrenzten!) Arbeitsenergie beeinflußt. Indes all dies kommt hier nicht in Frage. Was hier konstatiert wird, ist die Tatsache, daß wir bei jedem bisher erfahrungsmäßig gegebenen Stande der Technik, selbst bei der zweckmäßigsten Disposition über die Produktionsmittel und dem rationellsten Arbeitsfleiße doch rücksichtlich des weitaus größeren Teiles der Güter mit der tatsächlichen Unzulänglichkeit derselben in Rücksicht auf unseren vollen Bedarf an diesen Gütern zu rechnen genötigt sind und daß dieser Umstand nicht in allfälligen Gebrechen unserer Wirtschaft oder einer geringen Arbeitsenergie, sondern von vorneherein in der Unzulänglichkeit der uns unmittelbar verfügbaren Güter (der Produktionsmittel nicht minder als der Genußmittel) - in dem objektiven Ausgangspunkte unserer Wirtschaft - begründet ist.